Ein kurzer Überblick über die Geschichte der (Motorrad)marke BMW in 11 Kapiteln:
Der Tag 0 und wie es dazu kam
Die Stunde 0 schlug am 7. März 1916, als sich die Gustav Otto Flugmaschinenfabrik mit der Rapp Motoren Werke Gmbh zusammenschloss, um künftig als Bayrische Motoren Werke sehr erfolgreich Flugzeuge für den Einsatz im ersten Weltkrieg zu bauen.
Wie wir wissen, ging der Krieg verloren, die Siegermächte untersagten die weitere Herstellung von Flugmaschinen - ein neues Produkt musste her. Was bot sich da mehr an als das gerade boomende Motorrad (für Automobile hatte ja kaum jemand genügend Mittel zu dieser Zeit), zumal man mit dem früher bei Daimler beschäftigten Max Friz einen mehr als fähigen Konstrukteur bei der Hand hatte?
Die ersten Gehversuche, ein Kleinmotorrad mit dem Namen Flink, fielen eher halbherzig aus, besser lief es da schon mit der Helios, die 1921 in Lizenz entstand und den M2B15 Motor hatte, der im eigenen Haus entwickelt wurde. Dieser Motor konnte auch an andere Mitbewerber verkauft werden, wie zB. an Victoria und kleinere Firmen: Heller, Corona, Karü, usw. Sogar ein österreichisches Motorrad entstand um dieses Aggregat: die Bison, von der nur mehr ein Exemplar erhalten geblieben ist, das auch hier im Museum steht.
Neben der Bison aus 1921 zeigt das Museum folgende Exponate aus dieser frühen Epoche: BFW Flink 143 ccm aus 1921, Helios M2B15 aus 1921, Victoria KR I aus 1920, Flottweg F III aus 1924. Letztere kam aus den Schleißheimer Ottowerken, die aus der Gustav Otto Flugmaschinenfabrik hervorgegangen war. Durch den Erfolg des Motors fassten die Bayrischen Motoren Werke aber ein anderes, größeres Ziel ins Auge: ein völlig eigenständiges Motorrad sollte entstehen, bei dem alle modernen technischen Kenntnisse der damaligen Zeit einfließen sollte. Umsetzen sollte diese Idee Max Friz. Der setzte sich hin und entwickelte in nur 5 Wochen ein Konzept, das der Konkurrenz um Jahre voraus war!
Ein neuer Maßstab boxt sich durch
Friz Geniestreich hieß BMW R 32, sie wurde im Oktober 1923 auf dem Pariser Salon einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt, und sie schlug dort ein wie eine Bombe. Der Boxermotor, ähnlich der englischen Douglas, saß quer eingebaut im Rahmen, hatte 493 ccm Hubraum mit 8,5 PS Leistung (gut für 90 Km/h) im Motorblock integriert, das ganze umschloss ein sportlicher Doppelrohrrahmen, und der Kraftschluss ans Hinterrad erfolgte nicht, wie damals noch häufig üblich über einen Riemen, auch nicht über eine Kette, sondern über eine gekapselte Welle, auch Kardan genannt. Auch die qualitativ hochwertige Lackierung mit den breiten weißen Linierungen tat das ihre zum positiven Gesamteindruck.
Man sollte meinen, das Management würde sich auf diesem Erfolg ausruhen, aber weit gefehlt! Schon im Jahr darauf baute Rudolf Schleicher, der frisch von der technischen Hochschule in München kam, die seitengesteuerte R 32 zu einer Sportmaschine mit ohv Steuerung um. Der Name: R 37. Ihre serienmäßigen 16 PS ließen sie über 110 Km/h sprinten und boten eine gute Basis zum frisieren. Schleicher war nicht nur ein guter Techniker, sondern auch ein exzellenter Fahrer. Auf einer von ihm selbst getrimmten Maschine erreichte er 1926 bei der Sechstagefahrt in England eine Goldmedaille.
Bei BMW hatte man schon früh den Werbeeffekt von Rennerfolgen erkannt, der sich nicht unwesentlich in den Verkaufszahlen niederschlug. Auch hier wollte man nichts dem Zufall überlassen und engagierte die besten Piloten: neben Rudolf Schleicher waren dies damals vor allem Sepp Stelzer und Toni Bauhofer. Beide waren vorher als Werksfahrer auf ihren skurril anmutenden Maschinen mit dem 5Stern Radialmotor die gefürchtetsten Gegner der Bayern, erst nachdem Megola die Tore schließen musste, kamen sie zu BMW.
Neben den zwei R 32 aus 1923 zeigen wir in dieser Abteilung: BMW R 42 aus 1926 (Gespann), BMW R 47 aus 1927, BMW R 52 aus 1928 (Gespann), und eine BMW R 57 aus 1928. Besonders das seitengesteuerten Tourenmodell R 42 ( und ihre Nachfolgerin, die R 52, der erste Langhuber) waren wegen der enormen Durchzugskraft ihrwer Motoren und der Verwindungssteifigkeit ihrer Rahmen bei Gespannfahrern äußerst beliebt und häufig in Verwendung.
Komfort und Zuverlässigkeit werden zum Standard
Wieder war es eine Motorradmesse, bei der zwei völlig neue Modelle präsentiert wurden, nur war es diesmal in London: auf der Olympia Motor Show 1927 standen die R 62, eine seitengesteuerte 750er mit 18 PS, der Traum jeden Gespannfahrers, und ihr sportliches Pendant, die R 63 mit 24 PS Leistung. Die tiefe Schwerpunktlage und die optimale Gewichtsverteilung verhalfen ihr zu vorzüglichen Fahreigenschaften , zudem konnte sich jeder Käufer über die neue Kardanbremse freuen.
Wie beliebt die R 63 wegen ihrer Stärke und Zuverlässigkeit bei Sportfahrern war, zeigt das Rennmodell rechts oben: der Besitzer nahm damit nicht nur an nationalen Läufen teil, er fuhr auch immer auf Achse zur jeweiligen Rennstrecke damit! Und der Motor lieferte die Basis für Werksrennmodelle, die mittels Zoller Kompressoren zu „gefährlichen Waffen“ in den Händen der Piloten wurden. Ernst Henne war der Mann der Stunde, er erreichte auf einer von Ing. Schleicher vorbereiteten Maschine schon 1929 auf der Autobahn München – Ingolstadt eine Spitzengeschwindigkeit von 216,8 Km/h. Diesen Weltrekord schraubte er im Lauf der Jahre sukzessive höher, bis er 1937 bei 279,5 Km/h lag!
Im Jahr 1929 war es auch, als BMW die Autofirma Dixi übernahm und begann, eine linksgesteuerte Version des englischen Austin Seven in Lizenz zu bauen. Ein Unterfangen, das nur mit beträchtlichem finanziellen Aufwand und hoher Verschuldung bei den Banken möglich war.
Aus wirtschaftlichen Gründen mussten daher auch bei der Motorradproduktion Fertigungstechniken aus dem Automobil zur Anwendung kommen. Daher entstand 1929 eine neue Produktpalette: die 500er wurden aufgegeben, es gab nur mehr die 750er Modelle, und die in neuem Kleid: die R 11 und R 16 Motoren saßen jetzt in einem Pressstahlrahmen.
Aus dieser Epoche, die nicht gerade wegen ihrer Sporterfolge in Erinnerung bleibt, stehen folgende Exponate in der Sammlung: BMW R 62 aus 1928, (Gespann), BMW R 63 aus 1929, BMW R 63 Rennsport, 1929 BMW R 11 aus 1929 (Gespann), BMW R 16 aus 1929, BMW R 12 aus 1935 und BMW R 17 aus 1935.
Mit der R 12 bekam der Pressstahlrahmen 1935 endlich auch die Teleskopgabel mit Druckfedern und hydraulischer Dämpfung. Die R 17 war mit 35 PS die stärkste Serien-BMW der Vorkriegszeit, sie war außerdem das letzte Modell mit horizontal geteiltem Motor. Und sie beendete die Ära der Pressstahlrahmen.
Mitte der 30er Jahre war BMW aus sportlicher Sicht etwas von der Siegerstraße abgekommen. Konnten die Bayern 1933 noch mit über 100 ersten und zweiten Plätzen brillieren, war es jetzt einzig Ernst Henne, der mit der aufgeladenen 750er Rekord auf Rekord häufte. Zwar konterten die Engländer (Eric Fernihough auf Brough Superior) und Italiener (Piero Taruffi auf Gilera) mehrfach, aber Hennes Rekord von 279,5 Km/h am 28ten November Jahr 1937 sollte bis nach dem Krieg nicht mehr gebrochen werden.
Aber 1936 sollte alles irgendwie neu beginnen: es wurden die beiden Modelle R 5 und R 6 vorgestellt. Erstere war eine obengesteuerte 500er, unter der breiten Vorderfront des Motors lief eine von der Kurbelwelle angetriebene Steuerkette (was kürzere Stoßstangen ermöglichte), die die beiden Nockenwellen und das Lichtmaschinenritzel umschloss. Ihre 24 PS reichten für sportliche 140 Km/h. Die R 6 war die erste 600er im BMW Programm, sie bekam eine Zahnradkaskade und eine mittig oben angeordnete Nockenwelle, ihre Leistung: 18 PS. Aber vor allem: bei beiden saß der Motor wieder in einem geschweißten Doppel-Stahlrohrrahmen.
Das reichte allerdings noch nicht, um sich gegen die nachdrängende Konkurrenz, vor allem aus Italien (Gilera) zu behaupten. Fahrwerkstechnisch gab es Mängel, und die wurden 1938 behoben: die R 51 verfügte über eine Geradeweg Hinterradfederung und in die Antriebswelle wurde ein Kardangelenk eingebaut. Nach selbigem Schema folgten die R 61, die sich besonders im Polizeieinsatz bewährte, und die R 71, die die 750er Klasse wieder aufleben ließ. Nicht zu vergessen die R 66: sie war 1938 das schnellste deutsche Serienmotorrad, und es war auch ein solches Typ, der am 24. November als 100.000stes BMW Motorrad das Laufband verließ.
Die Weiterentwicklung hatte sich gelohnt, auch auf sportlichem Sektor - 1939 feierte BMW seinen bis dahin größten Erfolg: Georg (genannt Schorsch, oder auch der Gusseiserne) Meier bezwang die bis dahin als unschlagbar geltenden Engländer auf ihrem ureigensten Terrain und gewann die Senior Tourist Trophy auf der Isle of Man. Auch der zweite, Jock West, saß auf einer kompressorgeladenen Maschine der Münchner Rennabteilung.
Im Tarnkleid - die BMW's in der Wehrmacht
Wegen ihrer Zuverlässigkeit waren BMW Motorräder auch bei der Wehrmacht sehr geschätzt. Schon das Modell R 11, bei dem erstmals Steckachsen zur Verwendung kamen, wurde zwischen 1929 und 1934 bei der Reichswehr eingestellt. Die wohl bei der Truppe beliebteste BMW war die R 12. Nach Einführung der Wehrpflicht im Oktober 1935 und Aufstellung der Kradschützentruppe wurden von ihr über 30.000 Stück an die Wehrmacht geliefert!
Am bekanntesten ist wohl die R 75. Sie wurde 1941, also bereits während des zweiten Weltkriegs, rein für den Feldeinsatz entwickelt (in Konkurrenz zur K 750 von Zündapp) Ihre Besatzung konnte aus je 4 Gängen für und Gelände sowie aus 2 Rückwärtsgängen wählen. Das Beiwagenrad war über ein Sperrdifferential mit angetrieben. Riesige Räder sorgten für gute Traktion auch in rauestem Gelände. Ihre Tarnfarben waren entweder Gelb (Saharafeldzug unter Rommel), Grün oder Grau. Aufgrund der komplizierten Mechanik war sie wartungsanfällig und wurde 1944 außer Dienst gestellt. Ihre Aufgaben übernahm der Kübelwagen
Wer nennt mich hier Gummikuh?
Die ersten Modelle nach dem Krieg, die 1949 die Werkshallen von BMW verließen, waren die Einzylindermodelle R 24 und R 25. 1950 folgte die R 51/2 als erster Nachkriegsboxer. Von den Schrägstromvergasern und den geteilten Zylinderdeckeln abgesehen ähnelt sie der Vorkriegs R51 auf die Schraube. Schon ein Jahr später folgte ihr die R 51/3, die als perfekte Reisemaschine galt und an den Vorderrädern mit Duplex Bremsen glänzte. Von beiden Modellen konnten bis 1954 23 475 Einheiten abgesetzt werden, nahezu jeder Führerscheinneuling dieser Ära hat seine Fahrpraxis auf einem solchen Modell erworben!
Wem die 24 PS der R 51/3 nicht genügte, war mit der größeren R 67 (/2 und /3) wohl besser bedient – sie war in Deutschland als Fahrzeug des Straßenhilfsdienstes beliebt und berühmt). Die Sportfahrer liebten aber die 1951 vorgestellte R 68 (auf der sich auch Österreichs Ass Gerold Klinger seine ersten Sporen verdiente). Sie leistete 35 PS und war die erste 100 Meilen (über 160 Km/h serienmäßig) Maschine aus Deutschland.
Auch sportlich konnte BMW an die Zeit vor dem Krieg anknüpfen, Schorsch Meier holte sich in Italien bei den internationalen Six Days eine Goldmedaille. Auf der Straße hingegen feierten Meier und sein neuer/alter Teamkollege Wiggerl Kraus nur nationale Erfolge, international galt ja Kompressorverbot, da hatten die Bayern (noch) kein konkurrenzfähiges Material.
Mitte der 50er Jahre war Deutschland mitten im Wirtschaftswunder. Der hohe Nachholbedarf nach dem Krieg und die (Wieder)Integration in den Weltmarkt hatten das Realeinkommen einer durchschnittlichen Arbeiterfamilie bereits das Niveau vor dem Krieg überschreiten lassen. Das Motorrad hingegen erlebte seine „Midlife Crisis“ – wer es sich leisten konnte (und es konnte sich fast jeder leisten) hatte als Statussymbol ein Automobil in der Garage stehen.
Trotzdem brachte BMW eine neue Modellreihe, die als die klassischen BMW’s schlechthin in Erinnerung bleiben: die R 50, die R 60 und das Spitzenmodell, die R 69 mit 35 PS, hatten alle das neue Vollschwingenfahrwerk mit der geschobenen Langschwinge (nach dem Prinzip der Earles Gabel) vorne. Und alle Modelle waren natürlich beiwagentauglich.
Abgelöst wurde diese Reihe 1960 durch die /2 bzw. der R 69 S mit 42 PS. Diese Gummikühe wanderten über viele Weiden, ganz besonders in Uniform. Die R 69 S wurde in vielen Ländern im Polizeieinsatz verwendet, sie war aber auch allgemein ein beliebtes Exportmodell und bildete später die Basis für Umbauten, die optisch meist den aufkommenden japanischen Straßensportlern angenähert waren (Cafe Racer). Gebaut wurden die BMW’s übrigens nicht mehr in München (wo sie aber nach wie vor geplant und entwickelt wurden) sondern im Berliner Ortsteil Spandau.
Aus dieser Ära stehen hier im Museum die BMW R 50 und R 60 (als Gespann), Die R 50/2 (Gespann) und R 60/2 in VS Ausführung, die R 69 als Gespann sowie die R 69 S in verschiedenen Ausführungen, so zB als Maschine der schwedischen Polizei, als Cafe Racer und in Rot als USA Exportmodell
Der Name Gummikuh wurde den BMW’s übrigens vom bekannten Motorjournalisten Ernst Leverkus, besser bekannt als Klacks verpasst. Weil sich beim Gasgeben wegen des Kardanantriebs die Hinterradfederung verhärtete, weshalb die Maschine hinten deutlich hochstieg, erinnerte ihn das an eine Kuh, die ja auch mit den Hinterbeinen zuerst aufsteht.
1969 war wieder ein einschneidendes Jahr in der Modellpolitik BMW’s: das Flaggschiff, die R 69 S wurde eingestellt, es kam eine neue Modellreihe, die ausschließlich für Solobetrieb konstruiert waren: die /5 (sprich Strich Fünf) Modelle. Die 50/5, 60/5 und die neue 750er, die 75/5, hatten neukonstruierte ohv Motoren, die eine Nockenwelle unterhalb der einteiligen Kurbelwelle hatten, Das Fahrwerk bestand aus einem Doppelschleifenrahmen mit Langarmschwinge hinten und einer langen Gabel vorn.
Sonst hatte sich nicht viel geändert: besonders interessiert an den BMW’s waren die Behörden (kaum ein Staat, nicht nur in Europa, in dem die Polizei nicht mit Motorrädern der Marke BMW ausrückte), und die Amerikaner – und weil bei den Amis alles etwas größer sein muss, kam 1973 die R 90 mit serienmäßig 60, und ihre Schwester, die R 90 S mit 67 PS, die sich anschickte, den japanischen Straßensportlern wie der Kawasaki Paroli zu bieten . Sie hatte die längste, bei einer Serien-BMW verwendete Endübersetzung und war gut für Geschwindigkeiten um die 200 Km/h Es gab sie anfangs nur in Rauchgrau, später auch in Daytona Orange.
Experimente mit unterschiedlichem Erfolg
Was in den späten 40er Jahren in Italien begann, hatte im Sturm den deutschen (ebenso wie den österreichischen) Markt erobert – kein Motorradhersteller, der sich dem Roller oder Scooter verweigern konnte und wollte. Auch bei BMW wurde ein Konzept ausgearbeitet, das R 10 hieß. Mehrere Varianten wurden ent- und wieder verworfen, bevor zwei Prototypen gebaut wurden. Der luftgekühlte Motor hatte 175 ccm Hubraum, ein Viertakter mit parallel im Kopf hängenden Ventilen, die Leistung lag bei ca 7,5 PS. Es blieb bei den zwei Protoypen, die Herstellung wurde zugunsten des in Lizenz gebauten Isetta Rollermobils vernachläßigt. Die Isetta, auch Knutschkugel genannt, wurde vom 250er (bzw. 300er) Motor der R 25 Modelle angetrieben und verkaufte sich über 161.000 mal!
Erst Ende der 90er Jahren wagte BMW wieder ein ähnliches Experiment, das diesmal auch in Serie ging. Der C1 war ein Konzeptfahrzeug, ein City Roller mit Überdachung als Wetterschutz, der von Rotax stammende 125 er (später 200er) Motor wurde bei Bertone in Turin ins Fahrwerk geschraubt Er kann eine Geschwindigkeit von über 100 Km/h erreichen, unterliegt aber nicht der Helmpflicht. Seine Produktion wurde 2005 wieder eingestellt.
Mehr als nur eine halbe Sache: die Einzylinder
Ein Boxermodell von BMW zu besitzen, zeugte von Qualitätsbewusstsein, Sinn für technische Raffinessen – und einer dicken Brieftasche. Warum sollte BMW aber den weitaus größeren Markt der günstigeren Einzylinder kampflos der Konkurrenz überlassen? Also stellte man 1925 den Boxern ei Einzylindermodell zur Seite, die R 39. Auch sie musste aber gehobenen Ansprüchen genügen: der Viertellitermotor hatte gekapselte, im Kopf hängende Ventile, einen Leichtmetallzylinderkopf mit eingepressten Laufbuchsen aus Gusseisen, und natürlich Kardanantrieb. Die Leistung von 6,5 PS genügte, um das Leichtgewicht auf über 100 Km/h zu beschleunigen. Was Wunder, dass sie sich auch im Wettbewerb bewährte, Sepp Stelzer wurde noch im selben Jahr deutscher Meister der 250er Klasse.
Ganz andere Ansprüche hatte der nächste Einzylindertyp, die R2 zu erfüllen. Nach einer Reform der Zulassungsvorschriften konnte man ab 1. April 1928 in Deutschland Motorräder bis 200 ccm steuerfrei bewegen, die R 2 erfüllte genau diese Bedingungen. Ihr folgten nach dem gleichen Baumuster die auf 300 bzw. 400 ccm vergrößerten Versionen R 3 und R 4.
Nach dem Krieg hatten die Besatzungsmächte anfangs den Weiterbau von Boxer Motorrädern noch nicht genehmigt, die Fertigung der Einzylindermodelle durfte aber wieder aufgenommen werden – als Nachfolger der R 23 entstand 1948 die R 24, die aber schon zwei Jahre später von der R 25 abgelöst wurde, dem ersten Einzylinder mit Hinterradfederung. 1953 bis 1956 konnten von der mit einer Teleskopgabel und 18“ Rädern ausgerüsteten R 25/3 satte 47.700 Einheiten abgesetzt werden! Eine Anzahl, die die Nachfolger, die beiwagentauglichen Modelle R 26 und R 27 trotz stärkerer Motoren und verbessertem Fahrwerk (doppeltwirkende Stoßdämpfer in den Federbeinen) nicht mehr erreichen konnten.
Nach der R 27 war erstmals Schluss mit den Einzylindern. Nach 30 Jahren Pause präsentierte BMW erst 1993 wieder einen Single-Topf, und der kam nicht wirklich aus dem eigenen Haus: Ein 650 ccm großer Motor der österreichischen Rotax Werke wurden in ein Fahrwerk von Aprilia aus Italien verpflanzt, wo auch die Montage erfolgte. Immerhin 51.405 Stück wurden bis 1999 gebaut!
Das "Naked Bike" wird an- und wieder ausgezogen
In den siebziger Jahren hatten die Japaner auf dem Motorradsektor das Zepter fest in der Hand. Was zwanzig Jahre früher noch umgekehrt war, wurde jetzt zur Philosophie der meisten europäischen Hersteller, die der Konkurrenz aus Fernost noch standhielten: japanische Technologie kopieren, so gut es eben ging.
Nicht so bei BMW: sie vertrauten auf den guten Ruf, den sie sich in Punkto Qualität in der Vergangenheit erworben hatten, und polierten dieses Image der deutschen Wertarbeit durch weitere Verbesserungen noch zusätzlich auf, zu beobachten an den Modellen der /7 Serie.
Der große Schlag dieser Epoche war aber die R 100 RS, wobei das Kürzel für Rennsport steht. Dennoch war sie eher gedacht als sportlicher Reisetourer, und sie war das erste Serienmotorrad weltweit mit einer Vollverkleidung, die diesen Namen auch verdiente. Entwickelt wurde die Verkleidung vom Aerodynamikspezialisten Pininfarina in Zusammenarbeit mit BMW. Der 980 ccm große Motor leistete ca. 70 PS, das reichte für flotte 200 Km/h!
Gleichzeitig versuchte BMW aber auch, wieder in den kleineren Hubraumklassen Fuss zu fassen. Auf der IFMA 1978 wurden zwei Modelle vorgestellt, die optisch und technisch aber ganz dem Vorbild der großen entsprachen. Die R 45 mit 475 ccm war für die in Deutschland steuerbegünstigte Klasse der 27 PS Maschinen gedacht, wogegen die R 65 (650 ccm, 50 PS) sich vor allem in Großbritannien gut verkaufte.
Weiterhin waren BMW’s als Behördenfahrzeuge in vielen Ländern beliebt und auf allen Straßen anzutreffen. Neben der R 45 und der R 65 stehen folgende Modelle in der Ausstellung:
BMW R 75/7 aus 1976, BMW R 80/7 aus 1977, BMW R 100/7 aus 1976, BMW R 100 S aus 1976, BMW R 100 T aus 197,8 BMW R 100 RS aus 1976, und BMW R 80/7 aus 1977 der holländischen Polizei .
Aus 2 mach 4 - ein Bruch mit der Tradition?
Wer BMW sagt, der meint Zweizylinderboxer. Man muss dabei aber denken, dass dieses Konzept immer noch auf der R 32 beruhte, die Max Friz immerhin schon 1923 entwickelt hatte. Zeit für etwas Neues, dachte sich daher das BMW Management Mitte der 70er Jahre, und handelte nach dem Motto: Klotzen, nicht kleckern. In Berlin wurde um die stolze Summe einer Viertelmilliarde (!) Mark eine funkelnagelneue Fabrik errichtet, in der Motorräder gebaut werden sollten, die der japanischen Konkurrenz das Fürchten lehren konnten.
Was dann 1983 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, überraschte alle: die K 100 hatte einen längsliegenden Vierzylindermotor mit zwei obenliegenden Nockenwellen. Die 90 PS Leistung waren wegen seines tiefen Schwerpunkts optimal auf die Straße zu bringen. Zudem war er extrem wartungsfreundlich und die Baureihe war so angelegt, dass nach dem Baukastenprinzip möglichst kostengünstig andere Varianten entwickelt werden konnten. Folgerichtig kam schon zwei Jahre später mit der K 75 eine kleine Schwester, bei der einfach der Motor um einen Zylinder verkürzt worden war.
Kurz nach Einführung der K 100 kam das Modell RS mit Vollverkleidung, zu der man als Sonderausstattung auch ABS ordern konnte. 1988 schuf BMW mit der K1, bei der auch das Vorderrad in die Verkleidung integriert war, insofern einen Blick in die Zukunft, als diese 1000er auch der erste Vierventiler der BMW Geschichte war. In den Folgejahren wurden die Basismodelle weiterentwickelt und modernisiert: der Motor wurde auf 1100 bzw. 1200 ccm vergrößert, das Fahrwerk kräftig überarbeitet (Paralever Schwinge), und besonders auf die Ausstattung wurde größter Wert gelegt: verstellbare Windschutzscheibe, Kat, ABS und eine höhenverstellbare Sitzbank machten die K Modelle zu idealen Reisetourern. Natürlich waren auch die Behörden vieler Länder wiederum an den Vierzylindern interessiert.
Darüber hatte BMW die Entwicklung der Boxermodelle etwas vernachlässigt, 1995 wurde sie (vorerst gänzlich) eingestellt. Davor wurde die Entwicklung von sogenannten Enduromodellen vorangetrieben, für die das Kürzel G/S (Gelände/Straße) steht.
Barfuß im Park - die Enduros
1979 wurde die erste Paris Dakar ausgetragen, ein 16.000 Km lange Rallye quer durch die Wüsten Nordafrikas. Eine Idee des Franzosen Thierry Sabine, die einen unglaublichen Härtetest für Mensch und Material darstellte. Die Premiere sah Cyril Neveu auf einer Yamaha XT als Sieger, im Jahr darauf beteiligte sich auch BMW an diesem Spektakel. Mit der R 80 G/S hatte man ja eine potentielle Siegermaschine auf die Räder gestellt, und dass man nicht gleich beim ersten Antreten die Lorbeeren mitnehmen konnte, ist einzig dem Defektteufel anzulasten.
Aber im Jänner 1981 war es soweit, Hubert Auriol auf BMW hat sich als Erster in der Siegerliste verewigt, was den Absatz von BMW Enduro Motorrädern in den nächsten Jahrzehnten in ungeahnte Höhen schnellen ließ.
Neben der R 80 GS aus 1980 zeigen wir in dieser Abteilung:BMW R 100 GS 1987, BMW R 100 GS Paris-Dakar 1987, BMW R 1100 GS 1994, BMW R 80 Basic 1996.
"Darf's a bissal mehr sein?" - der 4Ventiler übernimmt
Obwohl BMW vollmundig verkündet hatte, keine Boxermotoren mehr herstellen zu wollen, erlebte genau dieser Typ 1993 seine Wiederauferstehung. Allerdings in einer Form, die außer der Zylinderanzahl kaum mehr etwas mit dem Konzept von Max Friz aus dem Jahr 1923 zu tun hat: Der Motor hat leicht schräg gestellte Zylinder mit obenliegenden Nockenwellen, ist also kein echter Boxer mehr. Die Vierventiltechnik ( wobei die Ventile von einer Kombination aus Steuerkette und Stoßstange gesteuert wurden) half, die heute wesentlich strengeren Umweltauflagen zu erfüllen. Der Hubraum lag anfangs bei 1100 ccm (später auch mit 850 und 1200 ccm), die Leistung bei 90 PS. Wirklich revolutionär ist aber die Telelever Dämpfung: ein zentrales Federbein sorgt dafür, dass das Einsinken der Maschine beim abrupten Bremsen fast völlig ausbleibt – ein Novum bei Serienmotorrädern.
Mit diesen Modellen besann sich BMW wieder auf seine sportlichen Wurzeln: so entsprechen die Modelle R 1100 S oder die Rockster dem Bild, dass man sich um die Milleniumswende von einem Straßensportler vorstellt.
Aus dieser Epoche zeigen wir im Museum:
BMW R 1100 RS aus 1993, BMW R 1100 R aus 1994
BMW R 1100 RT aus 1995, BMW R 1100 S aus 1998
BMW R 1150 Rockster aus 2003
Auch der Vierzylindermotor lebt noch, allerdings in quergestellter Form, wodurch sich BMW an die heute gebräuchliche Form der Motoranordnung angenähert hat. Mit einer 1000er dieses Typs machte BMW ja gauch in der Superbike WM von sich reden. Wer genau wissen will, welche Motorräder BMW gerade baut, ein Blick auf www.bmw-motorrad.at / genügt …